Kunst im digitalen Raum

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© Sebastian Lock

11.06.2021, Jenny Karbach

Kunst kann und soll Kontroversen erschaffen – nicht nur in Bezug auf ihre Inhalte, sondern auch wenn es um ihre Präsentation geht. Schon lange gelten nicht mehr nur diejenigen Produktionen als „Spiegel der Gesellschaft“, die in traditionellen Räumen wie Theatern, Museen und Konzertsälen stattfinden.

Populäre Kultur und damit auch Kunst findet überall statt und die Debatte über Kunst öffnet sich zunehmend für ein immer breiteres Publikum. Seit vielen Jahren sind traditionelle Präsentationsorte auf der Suche nach Möglichkeiten, ihr Publikum zu erweitern und tradierte Formate werden zunehmend infrage gestellt. Hierbei spielt die Digitalisierung eine große Rolle. Ambitionierte Projekte wie Google Arts & Culture haben das ehrgeizige Ziel „die Kunst der Welt online zu sammeln und zu bewahren und sie damit überall und jedem zugänglich zu machen“. Die Sammlung spannt von digitalen Ausstellungen, die von großen Kunsthäusern erstellt wurden, über Sprachkonservierungsprojekte bis hin zu musikalischen Experimenten. Unsere Metropolregion findet übrigens auch Erwähnung: Das Fraunhofer IIS steuerte einen Beitrag zur mp3 bei, die ja bekanntermaßen hier erfunden wurde. In diesem Projekt ist der Anspruch, spielerisch Wissen zu vermitteln, deutlich spürbar – Besucher werden zwar in die unterschiedlichsten Welten geführt, doch sind sie gezwungen, diese durch die Augen der digitalen Kuratoren zu erleben und zu interpretieren.

Durch die Restriktionen der Corona-Pandemie vollzieht sich der Auf- und Ausbau digitaler Kunstformen auch an traditionelleren Kunststätten schneller als gedacht und klassische Häuser stehen vor der dringenden Herausforderung, ihr Angebot an eine digitale Welt anzupassen, die bisher oft Thema aber selten Medium der Darstellung war. Das Staatstheater Nürnberg verwandelte Shakespeares Macbeth in ein "Kurznachrichtentheater". 700 Menschen verfolgten am Premierenabend an ihren Handys, wie sich Macbeth in der gefährlichen Parallelwelt von Telegram-Gruppen verliert. Wie auch im realen Theater müssen die Zuschauenden sich hier selbst in die neue Welt einfinden. Es fällt angenehm auf, dass Regisseur Gloger ein gewisses Maß der Kultur- und Medienkompetenz bei seinem Publikum voraussetzt.

Etwas traditioneller ist das Format, in dem das Stadttheater Fürth "Die verlorene Ehre der Katharina Blum" auf die digitale Bühne bringt. Wie man es von den Liveübertragungen aus Opernhäusern und Theatern in Kinos hinein kennt, sind die Zuschauer dank der Kamera ganz nahe am Bühnengeschehen dran. Hier wird ein Stück gezeigt, dass die Rolle von Medien und Medienschaffenden kritisch hinterfragt. Dafür werden allerdings völlig andere Mittel als in Nürnberg verwendet und nicht das digitale Medium selbst als Theaterbühne genutzt.

Welcher digitale Kanal und welche digitale Darstellungsform auch immer genutzt wird: Im digitalen ist es ebenso wie im klassischen Kunstraum von größter Bedeutung, den richtigen Ton zu treffen, um beim Publikum Erfolg zu haben. Auch hier gilt also: Digitalisierung ist kein Selbstzweck.

Jenny Karbach

Marketing & Kommunikation beim Fraunhofer IIS Texte über Technik, Pfälzerin mit Leib und Seele aber ohne Dialekt. Nürnberg Digital Festival weil’s Spaß macht und Neues lernen toll ist.

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