Lange Zeit wurde die Bedeutung von Finanzbildung unterschätzt, wie Peter Kührt im Interview betont. Ein Statement einer 17-jährigen Schülerin auf X ist ihm besonders im Gedächtnis geblieben: 'Ich kann eine Gedichtsanalyse in vier Sprachen, habe aber keine Ahnung von Steuern, Miete und Versicherungen.'

Doch durch die Finanzkrise 2009 und das steigende Interesse junger Menschen an wirtschaftlichen Themen rückte das Thema immer stärker in den Fokus. Die Relevanz dieser Themen wird durch die steigende Verschuldung von Jugendlichen noch dringlicher. Finanzbildung, so Kührt auf Basis verschiedener Befragungen, sollte Teil des alltäglichen Schulunterrichts werden, um Schüler:innen auf das reale Leben vorzubereiten.

Kubiss hat in den letzten 15 Jahren mehr als 20 Projekte mit angehenden Bank- und Versicherungs-Azubis zum Bereich Finanzen durchgeführt, um ihr Finanzwissen zu verbessern.

“Wir haben einen einfachen Anlegertest mit verständlichen Risikokategorien entwickelt, dazu einfache und verständliche Beschreibungen der Geldanlagen, wir haben Jugendliche nach ihren Defiziten und Wünschen befragt und dafür passende Erklärfilme, Aufgaben und sogar eine Selbstlernplattform entwickelt, wir haben ein einfaches Analysesystem für die Nachhaltigkeit von Geldanlagen entwickelt, eine Veranstaltungsreihe mit Senioren-Anlegern einer Börsengruppe durchgeführt, eine öffentliche Challenge für Anlagestrategien ausgeschrieben, ein Robo-Advisor-Musterdepot drei Jahre lang untersucht u.v.m. Dazu gibt es auf unserem Server fertige Unterrichtseinheiten für Lehrkräfte, Handreichungen zur Projektarbeit und zum digitalen Unterrichten sowie eine fachliche Vortragsreihe zu Geld, Geldanlagen, Geldpolitik und neuen Kryptowährungen. All dies steht frei zugänglich, kostenlos und werbefrei im Netz. Da ist es wohl kein Wunder, dass wir unter Suchbegriffen wie „Geldanlagen verständlich erklärt“ oder „Digitale Finanzbildung“ bei Google seit vielen Jahren auf Seite 1 stehen. Und wenn jemand heute auf YouTube nach „Ratenkredit“, „Dispo“, „gesetzliche KFZ-Versicherung“, „Optionsanleihe“ oder „Bonu-Zzertifikat“ sucht, dann kommen die Videoclips unserer Schüler:innen.”, so Kührt. 

Ein besonderes Herzensprojekt von Kührt ist das Konzept „Bank-Azubis machen digitale Finanzbildung“, bei dem Auszubildende selbständig Finanzthemen erarbeiten und für andere Jugendliche aufbereiten. 

„Man kann Schüler:innen natürlich etwas über Finanzen erzählen, wesentlich effektiver und nachhaltiger aber ist, wenn sie sich ihr Wissen und ihre Überzeugungen selbst erarbeiten, anhand möglichst anspruchsvoller Aufgabenstellungen, mit möglichst großer Freiheit und Eigenverantwortung. Und sie sollten ihre Ergebnisse und Erfahrungen immer öffentlich präsentieren und im Idealfall für andere Schüler:innen und Jugendliche ins Netz stellen.“, sagt Kührt.

“Dazu braucht es lediglich eine funktionierende IT-Ausstattung, egal ob DV-Räume oder Tablets, die Lehrkräfte müssen aber keine IT-Experten sein, man muss es nur versuchen und einfach machen, neugierig sein, Grenzen ausloten. Und dies gilt für Lehrer und Schüler. Projektorientiertes Forschendes Lernen, nicht einmalig, sondern fortwährend und öffentlich, in offener Teamarbeit mit Kollegen und im digitalen Austausch mit anderen Lehrern, Schulen und Anlegern – so erlangen die Schüler:innen die im Berufsleben erforderlichen digitalen Kompetenzen, erleben aber auch ihre Selbstwirksamkeit, wenn es ihnen gelingt, ihre Ergebnisse in die öffentliche Diskussion einzubringen.”