11.05.2019, Katrin Bruckmüller
Wie erreicht man als Bürgerverein die Stadtteilbewohner*innen im nicht mehr ganz so neuen Jahrtausend – mit geringem Budget auf einfache, schnelle und vielleicht etwas zeitgemäßere Art? Katrin Bruckmüller hat dem Zabo e. V. ein „Update“ verpasst.
Bürgerverein 2.0!?
Oder wie man sich digital fürs eigene Viertel engagieren kann
Bürgerverein, Bürgergemeinschaft, Vorstadtverein – zugegeben, so richtig sexy klingt das in den Ohren vieler Menschen heute nicht mehr. Doch viele dieser Vereine und Gemeinschaften sind bereits im vorletzten Jahrhundert gegründet worden, was die etwas sperrigen Namen sicherlich erklärt.
Die Mitgliederstruktur dieser 35 Nürnberger Bürgervereine und -gemeinschaften ist im Schnitt nicht sonderlich jung und so klagen viele Vereine über Nachwuchsprobleme oder sinkende Mitgliederzahlen. Vor allem viele jüngere Menschen fühlen sich eher dem globalen Dorf als ihrem Stadtteil zugehörig. Und doch interessieren sich die Menschen durchaus immer wieder sehr für das Leben und die Entwicklung in ihren Wohnvierteln – spätestens dann, wenn Kitaplätze fehlen, Neubauten geplant sind oder Grünflächen verschwinden.
Mein digitales Nürnberg
Bleibt nur die Frage: Wie erreicht man als Bürgerverein die Stadtteilbewohner*innen im nicht mehr ganz so neuen Jahrtausend mit geringem Budget auf einfache, schnelle und vielleicht etwas zeitgemäßere Art?
Diese Frage stellte sich auch der Vorstadtverein Zabo e.V. Anfang 2016 in seiner Vereinszeitschrift, die zufälligerweise in meinem Briefkasten landete. Kurzerhand beschloss ich, dem Verein meine Hilfe anzubieten. Schnell waren die Hauptprobleme benannt: Die vorhandene Homepage war in die Jahre gekommen, von mobilen Geräten schlecht aufrufbar und strukturell und inhaltlich dringend überarbeitungsbedürftig. Kein Hexenwerk, wie ich befand – also machte ich mich ans Werk.
Der Relaunch mit einem auch für Lai*innen leicht zu bedienenden Homepage-Baukasten erfolgte bereits kurze Zeit später. Damit war der Grundstock für die „Digitalisierung des Vorstadtvereins“ gelegt und weitere, darauf aufbauende Angebote folgten:
- Schritt eins: der Online-Mitgliedsantrag. Um willigen Neumitgliedern den Beitritt möglichst einfach zu gestalten, wurde auf der Homepage ein Formular für den Online-Mitgliedsantrag integriert.
- Damit künftig auch tagesaktuelle Kurzmeldungen schnell an die Frau und den Mann gebracht werden können, richteten wir eine Facebook-Seite ein.
- Letztlich folgte das bislang wichtigste Puzzleteil unserer neuen Digitalstrategie: die kostenlose Zabo-App, die (unabhängig von Facebooks Algorithmus-Änderungen) die Zaboraner*innen tagesaktuell und zuverlässig mit den unterschiedlichsten News und einem Stadtteil-Veranstaltungskalender versorgt.
Damit scheint die Digitalisierung des Vorstadtvereins fürs Erste abgeschlossen zu sein. Dennoch finden sich immer wieder neue digitale Anwendungen, von denen der Verein kostenlos profitieren kann: So haben wir bereits eine sehr erfolgreiche Online-Petition gestartet und waren auch schon im Bereich Crowdfunding aktiv, um ein eigenes Lastenrad für Zabo zu finanzieren – was 2018 innerhalb nur weniger Wochen auch gelang. Das Lastenrad trägt, wie auch unser neues Vereinsmaskottchen, den Namen ZaBiene und wurde bereits im ersten Betriebsjahr an 233 Tagen kostenlos ausgeliehen. Weitere Projekte sind bereits in Vorbereitung.
Jede*r kann etwas tun
Und wenn ich heute so darüber nachdenke, dann hört sich „Vorstadtverein“ für mich gar nicht mehr so verstaubt an, sondern eher nach Menschen, die ein Herz für Ihre „Hood“ haben und sich auch dafür engagieren. Um das Regionale zu stärken, kann man eben lokal gerösteten Kaffee trinken, beim kleinen Buchladen um die Ecke einkaufen – und man kann sich selbst im Viertel engagieren. Die ehrenamtlich organisierten Vorstadt- und Bürgervereine freuen sich jedenfalls immer über neue Mitglieder und tatkräftige Helfer*innen – auch über welche, mit digitalen Skills. In diesem Sinne: I love Zabo!
Zahlen und Fakten
14.469 Nürnberger*innen waren im Januar 2018 Mitglied in einem der 35 Nürnberger Bürgervereine.
Medien
- 68 Prozent der Bürgervereine sind mit einer eigenen Homepage im Internet aktiv
- Knapp die Hälfte der Vereine setzt bei ihrer Kommunikation auf Vereins- oder Stadtteilbroschüren, die meist in liebevoller, ehrenamtlicher Arbeit von den Vorstandsmitglieder erstellt werden. Die Hefte erscheinen zwei- bis sechsmal jährlich und bieten ihren Mitgliedern (und Stadtteilbewohner*innen) einen schönen Überblick über die aktuellen Themen im Stadtteil. Jährlich erreichen diese Publikationen eine Gesamtauflage von über 320.000 Exemplaren
- 15 Bürgervereine betreiben eine eigene Facebook-Seite (oder Gruppe)
- Alle Bürgervereine sind per E-Mail erreichbar
Weitere Kennzahlen
- Der älteste Bürgerverein ist der Bürgerverein St. Johannis-Schniegling-Wetzendorf e. V. (seit 1874)
- Der zuletzt gegründete ist der Bürgerverein Nürnberg-Altstadt e. V. (2012)
- Die meisten Mitglieder hat der Bürgerverein Nürnberg-Langwasser e. V.