Raus aus der Wartungshölle: Warum Softwarepflege ein Muss ist

05.11.2024

Sandra Parsick ist Java Champion und eine gefragte Expertin für Java Enterprise, Cloud und Automatisierung. Beim Software Architecture Meetup in Nürnberg sprach sie am 8. Oktober über ein drängendes Thema für viele Entwickler: die Software-Wartung. Im Interview teilt sie ihre Einblicke in die oft übersehene, aber essenzielle Rolle der Software-Wartung und erklärt, wie gezielte Pflege nicht nur die Sicherheit, sondern auch die Innovationsfähigkeit langfristig erhält.

Wartung als essenzielles Element für zukunftssichere Software

Sandra Parsick ist nicht nur eine erfahrene Java-Entwicklerin, sondern befasst sich seit 2008 intensiv mit agiler Softwareentwicklung in verschiedenen Rollen. Als Java Champion und Consultant hat sie in dieser Zeit umfassende Kenntnisse in den Bereichen Java Enterprise, Cloud und der Automatisierung von Entwicklungsprozessen gewonnen. 

Software veraltet automatisch, wenn wir nichts tun.

„Bibliotheken und Programmiersprachen entwickeln sich weiter – ohne regelmäßige Wartung bleibt alles stehen und führt langfristig zu Problemen,“ betont sie. Doch in der Praxis wird die Notwendigkeit von Wartung oft übersehen, weil der Fokus besonders im Management meist auf neue Features und sichtbare Ergebnisse für die Nutzer gelegt wird.

Veraltete Bibliotheken und Sicherheitslücken machen die Arbeit für Entwickler jedoch unnötig kompliziert und beeinträchtigen langfristig die Innovationskraft. Besonders neue Kollegen, die jahrelang manifestierte und teils veraltete Technologien nicht kennen, stehen beim Onboarding vor erheblichen Herausforderungen. Sandra erklärt, dass Softwarewartung deshalb kein „Nice-to-have“ ist, sondern der Schlüssel zur dauerhaften Stabilität eines Projekts.

Das Management-Dilemma: Warum Wartung als „unsichtbare Vorsorge“ oft zu kurz kommt

Sandra vergleicht Wartungsarbeiten mit Gesundheitsvorsorge: „Wartungsarbeiten sind wie Arztbesuche – solange alles gut läuft, sehen wir keinen Bedarf. Doch sobald ein Notfall eintritt, wird der Aufwand massiv.“ Tatsächlich bleibt der Mehrwert der Wartung unsichtbar, solange keine großen Probleme auftreten. Für das Management scheint es oft so, als wäre Wartung eine Tätigkeit ohne direkten Nutzen – bis eine Sicherheitslücke oder ein Systemausfall akutes Handeln erzwingt. Dann entstehen jedoch große Update-Sprünge, die sich in hohen Kosten und Zeitverlusten niederschlagen. Ein regelmäßiger Wartungsrhythmus könnte solche Sprünge verhindern und langfristig Kosten sparen.

Automatisierung: Die Antwort auf die „Wartungshölle“?

Ein wichtiger Aspekt ihrer Arbeit ist für Sandra Parsick die Automatisierung in der Softwareentwicklung, die besonders im Wartungsbereich große Chancen bietet. „Ein Computer ist da aufgrund seiner Eigenschaften besser geeignet, stupide Arbeiten zu übernehmen,“ sagt Sandra. Durch gezielte Automatisierung werden sich wiederholende Aufgaben effizienter gestaltet, was Ressourcen für kreative und anspruchsvollere Aufgaben freisetzt und die Zufriedenheit im Team erhöht. Besonders bei neuen Projekten, die noch keine große Wartungslast haben, empfiehlt Sandra, frühzeitig automatisierte Prozesse zu integrieren. So lässt sich die „Wartungshölle“ in Zukunft spürbar eindämmen.

Künstliche Intelligenz in der Wartung: Eine Chance mit Risiken

Den Einsatz von Künstlicher Intelligenz in der Softwareentwicklung sieht Sandra zwiespältig. Zwar kann KI Routineprozesse beschleunigen, jedoch bergen automatisierte Lösungen auch Risiken, wenn es um die Ausbildung junger Entwickler geht.

Junior-Aufgaben, die früher zur Ausbildung dazu gehörten, werden jetzt oft durch KI ersetzt. Doch um KI auch richtig nutzen oder bewerten können, muss man selbst mal diesen Code geschrieben haben.

Ein ausgewogener Einsatz von KI und Automatisierung kann Effizienz schaffen, sollte aber den Raum lassen, dass Entwickler ihre Fähigkeiten gezielt aufbauen. Das detaillierte Verständnis für Code und Systemarchitektur bleibt, so Sandra, trotz aller Automatisierung unverzichtbar.

Zusammenfassend plädiert Sandra für einen strategischen Ansatz in der Wartung, der langfristig Stabilität und Zukunftssicherheit für jedes Softwareprojekt schafft. Mit regelmäßigen, kleinen Wartungsschritten und einem durchdachten Automatisierungs-Einsatz lassen sich Sicherheitslücken minimieren und eine bessere Basis für zukünftige Weiterentwicklungen

Leidenschaft für Open Source und Community-Arbeit

Neben ihrer Tätigkeit als freiberufliche Softwareentwicklerin engagiert sich Sandra aktiv in der Open-Source-Community und unterstützt Projekte wie die Java-Konferenz „Cyberland“. Auf die Frage, welche Bedeutung Open Source für sie habe, zeigt sich ihre Begeisterung für kollaboratives Arbeiten und Wissensaustausch: „Die Softwareindustrie hat enorm von Open Source profitiert – die Zusammenarbeit über Firmengrenzen hinweg hat einen riesigen Innovationsschub ermöglicht.“

Doch Sandra sieht auch die Herausforderungen: Viele Entwickler in der Community arbeiten freiwillig und sind mit steigenden Sicherheitsanforderungen überlastet. „Die Leute, die das in ihrer Freizeit machen, werden dann überschüttet mit Sicherheitslücken und werden nicht fair wertgeschätzt.“ Sandra wünscht sich daher, dass große Unternehmen, die stark von Open Source profitiert haben, der Community etwas zurückgeben. Für sie ist Open Source eine Herzensangelegenheit und zugleich ein Fundament für Innovation und Wissensaustausch.

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