Let‘s play: Ein Blick auf Gamification

30.03.2023, Tommy Kohlmann

Einfach ein paar Mini-Games einbauen und fertig ist der gamifizierte Prozess, oder? Theoretisch ist das eine Möglichkeit, ABER praktisch gehört so viel mehr dazu. Und genau das zeigt uns Tom in seinem Beitrag zur Gamifizierung am Beispiel einer Online-Umfrage auf. 

Gamification ist eine Wortschöpfung, die in den 2000er Jahren entstand, von der wachsenden Industrie der Videospiele profitierte und die Verwendung von Spielelementen in nicht spielerischen Kontexten beschreibt. Spielelemente sind Details oder Eigenschaften, die in Spielen wiedergefunden werden können, wie zum Beispiel Punkte, Level, Missionen oder Charaktere. Nicht spielerische Kontexte sind Tätigkeiten, wie zum Beispiel das Zähneputzen, den Müll rausbringen oder eben auch eine Online-Umfrage zu beantworten. 

Gamification als eine mögliche Definition für Motivation

Bei Gamification wird der menschliche Spieltreib zu nutzen gemacht, um Motivation zu generieren, damit gewisse Abläufe oder Handlungen öfter oder bevorzugt durchgeführt werden. Dabei lassen sich explizite (erkennbare Spielelemente wie Social Media Likes) und implizite (versteckte Spielelemente, wie künstliche Verknappung) Formen der Gamification unterscheiden. Es existieren unzählige Methoden, Modelle oder Frameworks, die zur Analyse und Strukturierung von Gamification dienen können. Eines der aktuellsten Frameworks ist „Octalysis“ von Yu Kai Chou. In diesem Ansatz werden 8 grundsätzliche Treiber der Motivation definiert, die Punkte wie den „sozialen Einfluss“ („Kunden die X kauften kauften auch Y“), die „epische Bedeutung“ („Werde Gold-Mitglied und sichere dir exklusive Vorteile“) oder die „Verlustangst“ („Dieses Angebot ist nur noch heute gültig“) einhalten.

Schritt für Schritt: Gamifizierung von Onlineumfragen

Bei der Gestaltung einer Online-Befragung mit Gamification(-elementen) sollte zunächst immer eine Zielsetzung definiert werden, wie etwa höhere Teilnahmequoten oder besseres Feedback. Der Prozess sollte aus Kundensicht detailliert analysiert und getestet werden. Das beginnt mit dem Öffnen der Aufforderung zur Teilnahme und umfasst auch logische Aktionen, wie das Klicken auf Buttons. Ein Testing mit verschiedenen Personen oder Zielgruppen, die den Prozess durchlaufen, können hilfreich sein, um den Ablauf zu optimieren. Schließlich können Spielelemente integriert werden, um den Ablauf intuitiv, interessant und unterhaltsam zu gestalten. Nach dem Octalysis-Framework lässt sich der Zyklus, den eine Person beim Spielen durchläuft, in Discovery-, Onboarding-, Scaffolding- und die End-Game-Phase aufteilen. So können auch die festgelegten Teilschritte, die die Befragten durchlaufen, in denselben 4 Phasen aufgeteilt werden.

4 Phasen der Player’s Journey

In der Discovery-Phase kommt eine Person das erste Mal mit der Umfrage bzw. der Einladung zur Umfrage in Kontakt. Hier müssen nun Interesse und Motivation an der Teilnahme generiert werden. Es ist wichtig, den Teilnehmenden nicht nur zu sagen, WAS sie tun sollen, sondern auch WARUM. Neugierde erzeugen, Sympathien betonen oder den Wert des Feedbacks hervorheben können die Beteiligung fördern, z.B. mit folgendem Satz „Damit bewertest du nicht nur uns als Team, sondern hilfst uns auch dabei unsere Abläufe zu verbessern.”

In der darauf folgenden Onboarding-Phase werden alle Regeln und Abläufe erklärt. Diese Phase sollte optimalerweise kurz und knapp gestaltet sein und gleichzeitig ausreichend Überblick und Orientierung bieten. Teilnehmer:innen sollten sich auf dem Interface zurechtfinden und an sie gestellte Erwartungen verstehen. Mögliche Hilfestellungen können eine begleitende Erzählfigur, ein Video-Tutorial oder interaktive visuelle Hinweise sein. Auch weit verbreitete Elemente, wie Fortschrittsbalken, werden in dieser Phase gerne eingeführt und können den gesamten Prozess begleiten.

Die Scaffolding-Phase bezeichnet nun den eigentlichen Prozess der Beantwortung der Fragen. Damit das Prinzip „Frage-Antwort“ etwas aufgelockert und abwechslungsreich gestaltet wird, könnten hier beispielsweise Mini-Games (explizite Gamification) eingebaut werden oder kreative Fragestellungen, wie z.B. „Stell dir vor, du kannst bis an dein Lebensende nur noch ein Gericht essen. Welches wäre es und wie bereitest du es zu?“, anstatt „Was ist dein Lieblingsessen?“ In dieser Phase werden auch Fragetypen (Skala, Multiple-Choice, Bilderauswahl etc.), Zusatzinformationen und Medientypen (Skala, Multiple-Choice, Bilderauswahl etc.) ausgewählt. Die Auswahl wirkt sich auf die Beantwortungen aus und kann somit Verfälschungen des Feedbacks und Missverständnisse  mindern. Der Einsatz von kreativen Möglichkeiten hängt vom gewählten Umfrage-Tool ab und zielt darauf ab, den Abbruch der Umfrage zu verhindern.

In der End-Game-Phase, im Idealfall nach der letzten Frage, wird der Kontext aufgelöst und auf Incentives oder Spielelemente eingegangen. Teilnehmer:innen sollten sich bestärkt fühlen, an der Umfrage teilgenommen zu haben. Ein visueller Eindruck, wie z.B. ein Bild des Teams hinter der Umfrage, kann zum Abschluss für eine persönliche Note sorgen.

© Warren Umoh

Fazit: Gamification alleine ist kein Erfolgsgarant

Was sollte aus diesem kurzen Artikel zu einem umfangreichen Themengebiet mitgenommen werden? Der erfolgreiche Einsatz von Gamification erfordert eine umfangreiche Analyse der Zielgruppe und des gesamten Prozesses. Viele Inhalte überschneiden sich dabei mit anderen Disziplinen wie dem UX-Design und der Verhaltenspsychologie, von denen angewandte Gamification profitieren kann.

Letztendlich sollten die verwendeten Elemente immer zielgerichtet eingesetzt werden und dabei einen Mehrwert für User:innen und Unternehmen bieten. Wird dies erfolgreich geplant und umgesetzt, ist der Rest nur noch ein Kinderspiel ;) 

Tommy Kohlmann

Tommy aus München, 26 Jahre alt, Outdoor- und sportbegeistert mit einer Faszination für Design und Kunst. Habe meine Masterarbeit zum Thema Gamification im Team des Nürnberg Digital Festival geschrieben #nuedigital

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