Wie werden die Plattformen genutzt? Welche Inhalte werden geteilt?
Das ist wohl die spannendste Frage, da sie Aufschluss über die Plattformstrategie gibt. Darunter verstehen wir die Strategie, WELCHE Inhalte WIE auf WELCHER Plattform funktionieren und folglich ausgespielt werden. Von harten Fakten über Bilder aus dem politischen und privaten Alltag bis hin zu Urlaubsfotos ist alles dabei. Unterschiede fallen dann wieder auf, wenn man die drei Kanäle nebeneinander legt. Einige Politiker*innen haben sich dafür entschieden, jeden Post einfach auf allen drei Netzwerken zu streuen – ohne Rücksicht auf die jeweiligen Follower. Das kann aus meiner Sicht nur bedingt erfolgreich sein. Denn: Die Zielgruppe auf Facebook ist tendenziell älter als auf Instagram. Die Follower auf Twitter sind nicht unbedingt dort unterwegs, um unterhalten, sondern informiert zu werden. Auf Instagram stehen visuell starke Formate und der Fun-Faktor jedoch viel mehr im Mittelpunkt. Nur, wer sich vorab intensiv mit der Logik, der Bildsprache, den Followern und deren Erwartungshaltung auf den jeweiligen Plattformen auseinandersetzt, – sprich: eine Plattformstrategie erarbeitet – wird sich auch überall eine starke Community aufbauen können.
Gibt es erkennbare Unterschiede zwischen den Parteien, was die Nutzung von Social Media angeht?
Grundsätzlich ist festzuhalten, dass sich die Top Ten doch aus sehr ähnlichen Namen zusammensetzt. Das bedeutet, Politiker*innen, die auf einem Kanal erfolgreich sind, sind es häufig auch auf den weiteren untersuchten. Zum einen kann das daran liegen, dass manche Follower über Plattformgrenzen hinweg folgen. Zum anderen spricht es aus meiner Sicht jedoch stark dafür, dass diese Politiker*innen sich mit dem Thema Social-Media-Strategie intensiver auseinandergesetzt haben und dadurch das Potenzial der jeweiligen Plattformen bestmöglich nutzen.
Bei unserer Studie haben wir uns nicht von parteipolitischen Färbungen leiten lassen. Entsprechend haben wir einen Blick auf die zahlenmäßig erfolgreichsten Accounts geworfen. Dass dabei die Grünen schwächer abschneiden als SPD und CSU, hat unterschiedliche Gründe, die wir nur annehmen können. Gleiches gilt für die Tatsache, dass es weder ein*e AfD-Politiker*in noch ein*e Freie Wähler-Politiker*in auf die Spitzenplätze geschafft hat. Immerhin hat es ein Kandidat der V-Partei aus Augsburg geschafft und beweist damit, dass hier auch Kleinstparteien Erfolge feiern können. Ein Grund für das insgesamt starke Abschneiden von CSU und SPD könnte sein, dass die Parteien und Politiker*innen besser abschneiden, die bereits im Amt sind oder Ämter – zum Beispiel im Stadtrat – innehaben. Sie sind so in der Stadt bereits bekannt und können davon auch online profitieren. Bestes Beispiel wäre hier Fürths Oberbürgermeister Dr. Thomas Jung. Er nutzt erst seit kurzem Instagram, hat dort aber mit Sicherheit auch seine hohe Popularität in der Stadt nutzen können, um binnen zwölf Monaten mehr als 3.000 Follower zu generieren. Hier könnten kleinere Parteien, die weniger Ämter besetzen, tendenziell einen Nachteil haben.
Auch die finanziellen Mittel der Parteien in der Kommune spielen eine Rolle. Social-Media-Arbeit ist – wie der Name sagt – Arbeit. Sie muss erledigt werden und kostet Zeit. Wer mehr Geld zur Verfügung hat, kann sich eher von einem Team und oder sogar Kommunikationsexpert*innen unterstützen lassen, Social-Media-Schulungen besuchen etc. Größere Parteien haben da mit Sicherheit einen Vorteil.
Bei Twitter gibt es scheinbar noch Nachholbedarf: Nur die Hälfte der Befragten ist überhaupt aktiv, nur neun der untersuchten KandidatInnen haben über 1.000 Follower. Man könnte meinen, dass sich Twitter als reaktionsschnelles Medium mit starkem Nachrichtencharakter eigentlich gut für den Wahlkampf eignet. Woran liegt das deiner Meinung nach?
Aus meiner Sicht gibt es mehrere gute Erklärungen dafür, dass Twitter bislang wenig bei den Kommunalpolitiker*innen angenommen wurde. Abseits der Spitzenämter sitzen in den Stadträten Menschen, die noch einen weiteren Beruf ausüben und zudem kein Team haben, das sich um die Social-Media-Arbeit kümmert. Viele sind von der Schnelligkeit von Twitter einfach überfordert und meinen, dass sie nicht mithalten können.
Ein ebenfalls starkes Argument, warum ich einer Kandidatin oder einem Kandidaten auch raten würde zunächst Facebook und Instagram gut aufzusetzen und Twitter hintenanzustellen, ist, dass Twitter auch bei den anderen Entscheidungsträger*innen in der Kommune oft nicht angekommen ist. Man muss das Netzwerk verstehen, um das zu begreifen: Auf Twitter sind viele Politik-Vollprofis, Berufspolitiker*innen, Journalist*innen und andere namhafte Entscheidungsträger*innen online. Debatten, die hier geführt werden, landen am nächsten Tag in der Zeitung. Ein Tweet kann Schlagzeilen generieren. Auf der kommunalen Ebene ist es häufig so, dass die Chefredakteur*innen der Lokalzeitungen selbst gar kein Twitter haben. Für wen kommunizieren die Lokalpolitiker*innen also? Viel Zeit in Tweets zu stecken, ist aus meiner Sicht einfach nicht zielführend genug, um es anzugehen. Ob sich das ändern wird, weiß ich nicht. Aber da die Facebook- und Instagram-Accounts bei den meisten noch nicht einmal professionalisiert sind, lohnt es sich nicht, ein weiteres Fass aufzumachen.
Wie denkst du wird sich die Social Media Nutzung in der bayerischen Politik weiterentwickeln? Welche Trends zeichnen sich ab?
Der Trend scheint dahin zu gehen, dass sich langsam aber sicher jede*r eine Fanseite anlegt. Darüber hinaus haben immer mehr Politiker*innen Instagram und experimentieren herum. Auch, wenn der Auftritt teilweise amateurhaft erscheint und noch nicht besonders viele Follower generiert, bin ich froh, dass es überhaupt passiert. Denn: Nur, wer sich dem Thema annähert, ausprobiert, die Reaktion analysiert und dann an Stellschrauben dreht, kann auf Dauer erfolgreich werden.